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Zeithainer Lustlager Radewitz

Thema: Zeithainer Lustlager 1730
Standort: Radewitzer Wendehammer Waldkante

 

Das Campement von Radewitz 1730

- militärische Leistungsschau und Spiegel barocker Lebensart -

„Das große Campement (Lager) bei Zeithayn und Radewitz in der Mühlberger Gegend“ wurde von August dem Starken initiiert und geplant. Es war vorläufiger Höhepunkt einer grundlegenden Heeresreform, deren Auslöser nicht zuletzt die gegen die Schweden erlittenen Niederlagen der Sächsischen Armee in den Jahren 1702, 1703 und 1706 waren, die zu einer jahrelangen Besetzung Sachsen mit zeitweiligem Verlust der polnischen Krone geführt hatten. Das Campement fand unter Regie Augusts des Starken vom 31. Mai bis zum 28. Juni 1730 auf einer Fläche zwischen den Dörfern Zeithain, Glaubitz, Radewitz und Streumen statt. Erst später wurde das Campement aufgrund der vielen dargebotenen Lustbarkeiten auch als "Zeithainer Lustlager" bezeichnet.

Das Campement war eine organisatorische Meisterleistung, die europaweit für Aufsehen sorgte. Es war nicht nur die größte Truppenschau Europas, es galt vor allem als das gigantischste Barockfest seiner Zeit, das „Spektakel des Jahrhunderts“, welches wegen seiner Pracht und Üppigkeit bis heute Inbegriff barocker Lebensart ist. 48 europäische Fürsten und deren Militärs waren eingeladen und in nahezu allen umliegenden Orten bis Nieska, Frauenhain, Zabeltitz, Großenhain, Seußlitz, Jahnishausen, Mautitz und Strehla einquartiert. Bekanntester Gast des Manövers war Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, den August der Starke durch die Präsentation seiner militärischen Leistungsfähigkeit als Verbündeten für seine territorialen Ansprüche gegenüber der Habsburger Donaumonarchie gewinnen wollte. Die gesamte sächsische Armee, etwa 30.000 Mann in 30 Bataillonen Infanterie und 50 Schwadronen Kavallerie, war versammelt. Alle Soldaten waren mit prächtigen, farbenfrohen Uniformen neu eingekleidet.

Das Manöverfeld war durch sechs Sandstein-Obelisken (Pyramiden) begrenzt, von denen noch vier erhalten sind. Zwei stehen auf Glaubitzer Flur zwischen Kanal und Halde in Blickrichtung, eine bei Zeithain, eine bei Streumen. Zum Lager gehörten außerdem eine Lagerkirche in der Nähe des späteren Dorfes Marksiedlitz, ein Feldpostamt in Glaubitz, Lazarette in Kreinitz und Leutewitz, Back- und Schlachthäuser, Proviantmagazine und eine Hofkellerei in Nünchritz, Moritz und Grödel sowie in anderen Orten.

Zwischen und nach den militärischen Übungen konnten sich die Gäste nach barocker Sitte auf vielfältige Weise unterhalten lassen oder auf andere Art verlustieren. Es gab ein Opernhaus, Komödien wurden aufgeführt, italienische Sängerinnen und französische Schauspieler boten ihre Kunst dar. Auf der nahen Elbe fuhren illuminierte Schiffe, ein fünfstündiges Feuerwerk tauchte den Fluss und die Stadt Riesa in bunte Farben. An üppigen Tafeln wurden lukullische Leckerbissen geboten. Allein 160 Ochsen und unzählige Hirsche, Rehe und Fasane mussten ihr Leben geben. Auch die einfachen Soldaten kamen auf ihre Kosten. Es gab jede Menge Freibier, und die Sächsinnen der umliegenden Ortschaften sollen, so sagt man, den Soldaten sehr freundlich begegnet sein.

Das königliche Hoflager war zwischen den Dörfern Radewitz und Glaubitz auf einer Anhöhe erbaut worden, wo Friedrich Wilhelm I. als höchster Gast, und in kleiner Entfernung Friedrich August als Gastgeber, in besonders dazu erbauten Holz-Palästen wohnten. Der Komplex aus etwa 300 Zelten bildete ein Rechteck von 400 m Breite und 700 m Tiefe und war ähnlich einer weitläufigen Stadt angelegt. Von der nordwestlichen Frontseite konnte das gesamte Truppenlager übersehen werden. In der Mitte dieser Front lag das Quartier des Preußenkönigs und seines Gefolges. Rings um dieses Quadrat zog sich ein Wall mit Graben. Der Wall war von vier bewachten Eingängen unterbrochen, an denen je zwei Pyramiden mit großen Laternen standen. Die Eingänge konnten durch Barrieren, die auf Rollen liefen, geschlossen werden. Im Inneren des Quadrates bildeten 17 große und besonders prächtige Zelte, die durch gedeckte Gänge miteinander verbunden waren, das eigentliche Hoflager. Die Zelte waren zum größten Teil Kriegsbeute aus dem großen Türkenkrieg bei Wien im Jahr 1683.

Von dem großen achteckigen Saal in der Mitte, dem Ort der gemeinschaftlichen Zusammenkünfte, liefen Galerien nach vier Seiten. An ihrem Ende, die Arme eines Kreuzes bildend, befanden sich vier große, besonders prächtige Zelte. Diese bestanden aus einer Art von grünem Kattun, waren innen, nach türkischer Art, reich mit Samt, Seide und Gold verziert, und die Fußböden waren mit kunstvoll gearbeitetem, aus verschiedenfarbigen Holzarten zusammengesetztem Parkett ausgelegt. Von der Decke hingen kristallene Kronleuchter. Im Speisezelt standen zwei große Schwenkkessel von vier Zentnern an Silbergewicht.

Die Plätze zwischen den Zelten waren mit hochstämmigen Topfpflanzen, Taxuspyramiden und zierlich angelegten Teppichbeeten bepflanzt. Die in geometrischen Figuren gezogenen Wege waren mit gelbem Sand bestreut.

Das Palais August des Starken befand sich südlich von Radewitz. Es war 110 Ellen lang und 26 Ellen breit. Zu beiden Enden war es mit zwei Pavillons geschmückt.

Die Bauten des Campements verfielen dem sofortigen Abriss. Der prächtige Königspalast wurde den Radewitzer Bauern für die erlittenen Verluste überlassen-gegen eine Zahlung von 400 Talern! Mit dem vergoldeten Schnitzwerk kochten sie einige Zeit Kartoffeln und Suppe.