Am Samstag, den 21. Juni 2025, fand bei strahlendem Sonnenschein zum wiederholten Male das „Zeithainer Lustlager“ statt. Ursprünglich ließ August der Starke 1730 bei Zeithain ein riesiges Truppenlager errichten: „Das große Campement bei Zeithayn und Radewitz in der Mühlberger Gegend“. Allein das eigentliche Manövergelände war rund vier Kilometer breit und fünf Kilometer lang. Es wurde durch sechs Sandsteinpyramiden – auch „Obelisken“ genannt – markiert. Das Areal erstreckte sich zwischen den Dörfern Radewitz, Streumen, Glaubitz, Zeithain und Moritz.
[...] während in dem nahen Gohrischwalde Hunderte von Bauern und Bergleuten damit beschäftigt waren, einen Teil des Gehölzes niederzulegen, die Wurzeln zu sprengen und aus dem Boden herauszureißen. Seit dem Herbste 1729 blieben alle diese vermessenen Felder unbestellt! Wo sonst Saaten sprossten, da wuchs jetzt unter der künstlerischen Leitung des durch den Zwingerbau berühmt gewordenen Landbaumeisters Pöppelmann aus Holz und Leinwand eine luftige Stadt empor mit langen Straßen, weiten Plätzen und kunstvollen, nach dem Geschmacke der Zeit steif und symmetrisch angelegten Gärten. Alles, was man nur wünschen konnte, war vorhanden in dieser improvisierten Leinwand- und Bretterstadt mit ihren teilweise ziemlich entlegenen Vorstädten, zu denen man die Dörfer Radewitz, Streumen, Glaubitz, Zeithain und Moritz ruhig rechnen konnte. Da waren anmutige Sommerpalais mit den zugehörigen Ställen und Wirtschaftsgebäuden, große Speicher und Schuppen, Schlacht- und Backhäuser, Küchen, Kneipen, Verkaufstände usw. Ja selbst ein eigenes Kirchlein, Lazarett, Postamt und Komödienhaus fehlten nicht!
Südöstlich aber des Gohrischwaldes ließ man bis nach Streumen, Radewitz und Zeithain hin einen 4 km breiten und etwa 5 km langen Platz frei, dessen Ausdehnung durch sechs gefällige, ebenfalls von Pöppelmanns Meisterhand geschaffene Sandsteinpyramiden gekennzeichnet wurde. Sorgfältig ebnete man diesen Platz, belegte ihn, zum Teil wenigstens, mit Rasen und steckte durch bunte Pfähle gewisse Richtlinien ab. Ungefähr in der Mitte aber führte Pöppelmann einen zierlichen, mit Wall und Graben umgebenen Pavillon auf, von dessen Fenstern aus man weithin die Gegend übersah.
Man kann sich denken, wieviele fleißige Hände durch alle diese Vorbereitungen in Bewegung gesetzt wurden. Aber das rege Treiben, das seit dem Herbste 1729 in der Zeithainer Gegend herrschte, steigerte sich noch, als der nächste Mai ins Land zog. Auf allen größeren Straßen von Dresden, aber auch von Leipzig her sah man lange Wagenreihen in der Richtung auf Zeithain sich bewegen. Diese Wagen, meist vier- und sechsspännig, waren hoch bepackt mit allem, was der Mensch nur irgendwie zu seines Lebens Nahrung und Notdurft braucht. Gleichzeitig aber glitten zahllose mächtige Kähne, von denen zum Zeichen freier Durchfahrt blau-gelbe Fähnchen wehten, den Elbstrom herab und lieferten in die bei den Dörfern Moritz und Nünchritz gelegenen Lagerhäuser allerhand Nahrungsmittel und Eßwaren ab: Getreide, Gemüse, Fleisch und Wildpret, Fässer voll Wein und Bier, daneben auch Kisten mit Waffen, Fahnen, Uniformstücken u. dergl. Auch an allerhand Kostbarkeiten fehlte es nicht. Alles, was die Silberkammer, das Grüne Gewölbe und das Holländische Palais irgend an Silber, Gold und Porzellan entbehren konnten, wurde zur Stelle geschafft, auch manch neues kostbares Service auswärts bestellt. [...]
Hans Beschorner: Das Zeithainer Lager von 1730 (Schluss), in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte, Bd. 28 (1907), S. 54–55, SLUB Dresden, Digitalisat der SLUB Dresden: http://digital.slub-dresden.de/id20402339Z (Public Domain Mark 1.0)
Ziel war es, den preußischen König Friedrich Wilhelm I. zu beeindrucken und eine politische Allianz zu schmieden. Was blieb, war die Erinnerung an ein opulentes, staatskassenverschlingendes Fest, das einen ganzen Monat dauerte: Eine bunte Mischung aus Volksfest, barocker Hochkultur und Militärmanövern.
Neben aufwendigen Truppenübungen wurden Opern, Konzerte und Theateraufführungen gezeigt, weshalb das Ereignis später als „Lustlager“ in die Geschichte einging. Etwa eine Million Taler soll das Fest gekostet haben. Ein "stolzer" Betrag, der heutigen Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen kaum nachsteht. Über 30.000 Soldaten, mehrere Tausend Pferde sowie Zehntausende Schaulustige und hochrangige Gäste aus ganz Europa mussten verpflegt werden.
So protzig und verschwenderisch kommt das heutige „Lustlager“ glücklicherweise nicht daher. Dennoch: Es ist beeindruckend zu sehen, wie über 150 Gewandete, also historisch gekleidete Darsteller:innen, nach Zeithain kamen, um die barocke Zeit wieder aufleben zu lassen. Über den Tag verteilt ließen sich um die 1.000 Gäste vom bunten Treiben in die Zeit Augusts des Starken entführen.
Neben Schauklöppeln, Kinderangeboten und einem Schmied sorgte das vielfältige Programm mit Manövern, einer barocken Modenschau sowie Tanz und Konzert für einen durchweg unterhaltsamen Besuch. Für das leibliche Wohl war mit Getränkestand und Essensangeboten bestens gesorgt.
Das barocke Fest wird bereits seit ein paar Jahren vom Geschichts- und Traditionsverein Sachsen Zeithain e. V. organisiert und mit viel ehrenamtlichem Engagement auf die Beine gestellt. Zum ersten Mal mit dabei: Stephan Steuer, Projektmanager für Regionalgeschichte beim Elbe-Röder-Dreieck e.V.
Wir durften direkt neben dem Infostand des Geschichts- und Traditionsvereins Sachsen Zeithain e. V. stehen und führten zahlreiche Gespräche mit den Besuchenden und eine eigens erstellte kleine Besucherbefragung durch, um zu erfahren: Warum kommen die Menschen, und was können wir machen, damit das Lustlager in Zukunft noch interessanter wird?
Unser kleiner Infostand war direkt neben dem des Geschichts- und Traditionsvereins aufgebaut. Neben einer eigens erstellten Besucherbefragung führten wir auch zahlreiche interessante Gespräche mit den Besucher:innen, um zu erfahren: Warum kommen die Menschen zum Lustlager, und wie kann es in Zukunft noch attraktiver gestaltet werden? Eins ist bereits jetzt klar: Es gab viel Lob für die Organisation, das Programm und das Engagement der vielen Beteiligten.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Gewandeten, Organisatoren, Besucher:innen und generell alle Menschen, die zum Erfolg dieses Festes an diesem heißen Sommertag beigetragen haben. Mit den Eindrücken aus dem diesjährigen „Lustlager Zeithain“ sind wir uns sicher, dass 2030 zum 300-jährigen Jubiläum des historischen „Lustlagers“ ein würdiges und prunkvolles Fest für und mit der Region entstehen wird.