Titel: Militärhistorie rund um Zeithain
Standort: Abendrothstraße Zeithain, in der Nähe des Obelisken
Nachweislich hielt August der Starke 1730 erstmals in großem Stil ein Manöver auf den Fluren nordöstlich von Zeithain ab. Es ging als „Campement von Radewitz“ oder das „Lustlager von Zeithain“ in die Geschichte ein.
Über 140 Jahre vergingen, in denen vereinzelte militärische Aktivitäten in Form von Manövern in unserer Region stattfanden. 1873, zwei Jahre nach Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges, übernahm die Reichsmilitärverwaltung vom sächsischen Forstfiskus zur Anlage eines reichseigenen Übungsplatzes in Sachsen den südlichen Teil des Forstbezirkes Gohrischheide von zunächst 210 ha zur Errichtung des „Artillerieschießplatzes Zeithain“. Die ersten Schießübungen auf dem neu erschlossenen Areal fanden bereits im Sommer 1874 statt. Bis zum Jahr 1895 wurde der Artillerieschießplatz ständig erweitert und schließlich zum „Truppenübungsplatz“ erklärt.
Bis 1906, als der Truppenübungsplatz Königsbrück geschaffen wurde, war der Truppenübungsplatz Zeithain der größte Platz seiner Art für Übungen und Artillerieschießen der Königlich-Sächsischen Armee in Sachsen
1875 war das erste Gebäude des Zeithainer Lagers, das Beamtenwohnhaus Nr. 1, fertig gestellt. Der Bau der Unterkünfte, im Allgemeinen als „Baracken“ bezeichnet, Pferdeställe und sonstigen Funktionsgebäude erfolgte in mehreren Etappen. So entstanden von 1878-1880 ca. 25 Gebäude (u.a. Offizierskasino, Offiziersbaracken I und II, 6 Mannschaftsbaracken, Pferdeställe, Hauptwache, Kommandanturgebäude), 1895/96 ca. 42 Gebäude (u.a. Offiziersbaracken V – IX, 15 Mannschaftsbaracken, Wasserwerk) und 1913-1916 ca. 23 Gebäude und Einrichtungen (u.a. Beamtenwohnhaus III, Turmkaserne, Milchtrinkhalle/Kaffee Finke). Von 1936-1939 wurden nochmals 13 Gebäude errichtet. Insgesamt bestanden 1939 ca. 130 Gebäude – 1905 waren es ca. 140 Gebäude. Rechnete man zu den vorgenannten Gebäuden noch sonstige Einrichtungen, Schuppen, Latrinen u.ä. hinzu, so kam man um 1914 auf eine stattliche Zahl von über 220 Bauten.
Bereits um 1900 hatte der Zeithainer Truppenübungsplatz eine Fläche von ca. 4.000 ha (ca. 40 km²). Ab diesem Zeitpunkt war es möglich, Truppen in Divisions- und Korpsstärke im Lager unterzubringen und taktische Manöver sowie das Schießen mit weitreichenden Geschützen durchzuführen.
Von seiner Erschaffung bis 1918 diente der Truppenübungsplatz Zeithain der Königlich-Sächsischen Armee zur Ausbildung seiner Artillerie-, Infanterie- und Kavallerieeinheiten. In den Kriegsjahren 1914-1918 wurde das Barackenlager anfänglich nur als Reservelazarett, später auch zur Aufstellung von Ersatztruppen verwendet. Auf dem Truppenübungsplatz Zeithain wurden drei Königsparaden (1906, 1908 und 1910) und drei Kaiserparaden (1896, 1903 und 1912) abgehalten.
In Folge des Versailler Vertrages, der von den 27 Siegerstaaten nach dem Ende des 1. Weltkrieges diktiert und von Deutschland am 28. Juni 1919 unterzeichnet wurde, war der Truppenübungsplatz Zeithain zu demilitarisieren. Militärische Einrichtungen wie Teile der Munitionsanstalt, Maschinen, Munitionshäuser und die Munitionslager I und III sowie Einrichtungen des Artillerieschießplatzes wurden unter Kontrolle der Siegermächte abgebaut oder vernichtet.
Anfang der 1920er Jahre bis 1936 erfolgte eine zivile Nutzung. Die stationierte Reichswehr spielte eine untergeordnete Rolle. Aus den Unterkünften der Soldaten und Offiziere entstanden Wohnungen. Das in den Kriegsjahren 1915/16 für ca. 1.300.000 Mark errichtete Seuchenlazarett Lager C wurde vorrangig durch Heimkehrer aus Russland bewohnt. Auch siedelte sich Gewerbe an. So gab es u.a. 25 Geschäfte und Gastwirtschaften, 12 Unternehmen, ein Kino, Friseurgeschäfte und drei Schlächtereien.
Im Herbst 1936 nahm die Deutsche Wehrmacht den Truppenübungsplatz Zeithain in Beschlag und es wurden bis zum Kriegsende 1945 wieder Soldaten ausgebildet und Waffen erprobt. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden geringe Teile des Truppenübungsplatzes aufgegeben und einer zivilen Nutzung zugeführt. So wurde 1946 ein Teilstück im Osten des ehemaligen Truppenübungsplatzes in einen Bodenreformfond überführt. Landlose Neubauern siedelten auf diesem Bodenreformland und es entstand zwischen dem Wasserwerk und dem ehemaligen Waldlager der Ort Neudorf.
Von 1945 bis 1992 wurden das ehemalige Hauptlager und die Munitionsanstalt weiter für militärische Zwecke von Teilen der 9. Panzerdivision der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland genutzt. Als Hauptausbildungszentrum im Osten Deutschlands wurden von der sowjetischen Armee im Nordteil des Übungsplatzes ein über 100 ha großer Manöverlandeplatz angelegt, Übungen mit Hunderten von Kettenfahrzeugen durchgeführt, das Gelände für diese Übungen umgestaltet und zahlreiche Bunker gebaut, die mehr Innenflächen waldfrei hielten als in den vergangenen Jahrhunderten. Im Laufe der Jahre wurden durch die Sowjetarmee weitere Gebäude und Einrichtungen, u.a. Hallen für Kraftfahrzeuge und Panzer, Munitionsparks und unterirische Tanklager, geschaffen.
Das ehemalige Seuchenlazarett Lager C wurde nach dem 2. Weltkrieg ebenfalls militärisch genutzt. Anfänglich befanden sich darin seit 1950 Teile der Kasernierten Volkspolizei, ab 1956 verschiedene Einheiten der Nationalen Volksarmee.
Von 1990 bis 2007 wurden das ehemalige Objekt der Nationalen Volksarmee und ein Teil des Truppenübungsplatzes von der Bundeswehr genutzt.
Das Barackenlager wurde ab 1998 von der „Entwicklungs- und Verwertungsgesellschaft Zeithain mbH“ zurückgebaut.
Nur zehn Gebäude blieben erhalten: Infanterie-Offiziersbaracke II (1878), Mannschaftsbaracke 16 (1895), Garnisonverwaltungsgebäude (1893/94), Beamtenwohnhäuser II (1900) und III (1913/14), Arbeitskaserne (1913/14), Offizierspferdestall (1914), allgemeiner Pferdestall (1914), Beschlagschmiede 4 (1914) und ein Funktionsgebäude (1936).
Unter dem Motto: "Die Natur holt sich nur das zurück, was ihr einst genommen wurde." ist der ehemalige Truppenübungsplatz Zeithain heute mit einer Größe von 2.860 ha (ca. 29 km²) als Naturschutzgebiet „Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain“ ausgewiesen.
Quelle: Olaf Kaube, Neudorf